Asbesthaltige Baustoffe
Unter der Bezeichnung Asbest werden natürlich vorkommende, faserförmige Minerale zusammengefasst, die auf Grund ihrer besonderen Eigenschaften in vielen bauchemischen Produkten eingesetzt wurden, zum Beispiel in Farben, Spachtelmassen, Klebern, Dichtungen, Bremsbeläge etc. Eine der wohl bekanntesten Anwendung sind Platten aus Asbestzement als Dach- oder Fassadeneindeckungen.
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Aufgrund ihrer positiven Eigenschaften wurden Asbestprodukte über Jahrzehnte in großen Mengen beim Bauen verwendet: Asbest ist sehr unter anderem beständig gegenüber Hitze, Chemikalien und Verwitterung. Die Minerale sind zudem elastisch, zugfest, nicht brennbar und sehr langlebig.
Allerdings geht bei der Freisetzung von sehr kleinen, lungengängigen Asbestfasern eine Gefährdung für den Menschen aus. Durch die Aufnahme von asbesthaltigen Stäuben steigt das Risiko von schweren Erkrankungen, zum Beispieldurch die Ausbildung von Lungenkrebs. Die nachgewiesenen Gesundheitsgefahren, die von Asbest als krebserzeugendem Gefahrstoff ausgehen, führten im Oktober 1993 daher zu einem Verbot. Es darf seitdem weder hergestellt noch weiterverwendet werden. Tätigkeiten mit entsprechenden Materialien dürfen nur von sachkundigen Personen unter geeigneten Schutzmaßnahmen ausgeführt werden. Der Umgang mit Asbest ist in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 geregelt.
Häufig besteht der Verdacht, dass in einem Bauteil mehrere Schadstoffe verbaut sind. Beispielsweise kann es sich bei schwarzen Klebern oder Dachbahnen um asbesthaltige und teerhaltige Produkte handeln.
Schwach gebundene Asbestprodukte
Für die Bewertung von asbesthaltigen Baustoffen wird zwischen schwach und fest gebundenen Asbestprodukten unterschieden. Schwach gebundene Produkte besitzen in der Regel einen hohen Asbestanteil und eine geringere Faserbindung. Somit besteht ein hohes Faserfreisetzungspotenzial. Das heißt schon bei geringer Bearbeitung können erhebliche Mengen an Asbestfasern freigesetzt werden.
Entsprechende Produkte bewerten wir mit Blick auf die Sanierungsdringlichkeit. Abhängig von ihrem Zustand müssen sie gegebenenfalls ausgebaut werden.
Spritzasbestbeschichtung auf einem Stahlträger
Asbesthaltige Schnüre als Abdichtung einer Rohrleitung
Asbesthaltiges Gewebe an einer Rohrleitung
Asbesthaltige Leichtbauplatte an der Unterseite einer Dachbodenklappe
Asbestzementprodukte
Es handelt sich um zementgebundene Produkte mit einem Asbestanteil von in der Regel weniger als 15 Gewichtsprozent. Sie gelten als sogenannte festgebundene Asbestprodukte mit einem vergleichsweise geringeren Faserfreisetzungspotenzial.
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Der mit Abstand größte Anteil der Asbestimporte in die BRD wurde zur Herstellung von Asbestzementprodukten verwendet. Daher handelt es sich hierbei um die bekanntesten Asbestanwendungen. Umgangssprachlich werden auch Herstellerbezeichnungen wie Eternit synonym verwendet. Bei intakten Produkten ist nicht mit einer Freisetzung von Asbestfasern zu rechnen. Faserfreisetzungen sind an mechanische Bearbeitungen wie Trennschneiden (Flexen), Fräsen, Schleifen oder Bohren gebunden.
Typische Asbestzementanwendungen sind beispielsweise
- Dachwellplatten,
- Fassadenschindeln,
- Lüftungskanäle,
- Fensterbänke oder
- Blumenkästen.
Dachwellplatten aus Asbestzement
Fassadenverkleidung aus Asbestzement
Sonstige Asbestmaterialien
Sonstige Asbestprodukte sind solche, die nicht als schwach gebunden oder Asbestzement eingestuft werden (siehe oben). Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl von Produkten, die mit Asbestfasern versehen wurden. Durch den meist niedrigen Asbestanteil und die feste Bindung der Fasern ist das Faserfreisetzungspotenzial als gering einzustufen.
Zu diesen Produkten zählen beispielsweise asbesthaltige Putze-Spachtelmassen-Fliesenkleber (PSF), Bodenbeläge, Estriche, Kleber, Kitte, Dichtmassen oder Bitumenbahnen.
Typische Asbestanwendungen im Hochbau
Grundsätzlich können für Gebäude mit einem Baujahr vor 1995 Asbestanwendungen nicht ausgeschlossen werden. Eine sichere Einstufung von Materialien ist nur bei sehr wenigen Produkten durch eine reine Sichtprüfung möglich. Daher sollten für eine abschließende Bewertung Proben entnommen und im Labor analysiert werden.
Für mehr als 3.000 bauchemischen Produkte sind Asbestanwendungen bekannt. Die nachfolgende Auflistung stellt eine Auswahl typischer Asbestanwendungen im Hochbau dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Fußboden
Generell können alle älteren Bodenbeläge wie beispielsweise Linoleum, PVC, oder Cushioned Vinyl Asbest enthalten. Gleiches gilt für die verwendeten Kleber und Ausgleichsmassen.
- Weitverbreitet sind sogenannte Floor-Flex- oder Vinyl-Asbest-Platten mit schwarzem Kleber. Die asbesthaltigen Platten wurden in verschiedenen Farbvarianten hergestellt und mit einem ebenfalls asbesthaltigen schwarzen Bitumenkleber verlegt.
Asbesthaltige Floor-Flex-Platten mit asbesthaltigem, schwarzem Kleber
- Besonders kritisch sind ältere Cushioned Vinyl Beläge, die einen asbesthaltigen Papprücken besitzen – ein schwachgebundenes Asbestprodukt. Die Sanierungsdringlichkeit wird mit Hilfe des Asbestrichtlinie bewertet.
Gelbbrauner Cushioned Vinyl Belag mit asbesthaltigem Papprücken
- Im Altbau können als Ausgleichsschicht auf Holzdielen sogenannte Internitplatten verbaut sein: asbesthaltige, beige Holzfaserplatten, welche geklebt oder genagelt verlegt wurden. Bei geklebten Platten kann auch der Kleber Asbest enthalten.
Beige Internitplatten als Ausgleichschicht auf Holzdielen verlegt
Weitere, möglicherweise asbesthaltige Bodenaufbauten sind Magnesia- beziehungsweise Steinholzestriche oder Asphaltestriche. Zudem wurden asbesthaltige Abdichtungen unterhalb von Estrichen verbaut. Im Wohnungsbau sind die Estriche allerdings meist mit Bodenbelägen überdeckt, sodass keine Asbestfasern freigesetzt werden sollten.
Asbesthaltiger Steinholzestrich bestehend aus roter und grauer Lage
Wände
Putze, Spachtelmassen, Fliesenkleber
Wand- und Deckenbeläge auf massiven Bauteilen, insbesondere Farb- und Spachtelschichten, sind möglicherweise asbesthaltig. Gleiches gilt für Spachtelschichten an Stoßfugen von Leichtbauwänden und -decken.
Ältere Fliesen, die im sogenannten Dünnbettverfahren verlegt sind, können mit asbesthaltigen Fliesenklebern befestigt sein.
Massivwand mit asbesthaltigen, weißen Spachtelstellen
Asbesthaltiger Fliesenkleber mit typischen Kammspachtelmuster
Betonbauteile
Für ältere Betonbauteile ist die Verwendung asbesthaltiger Materialien bekannt, zum Beispiel:
- Abstandshalter,
- Mauerstärken oder
- verlorene Schalungen.
Da es sich in der Regel um überdeckt eingebaute Materialien handelt, ist eine Erkundung vor Rückbau mit enormen Unsicherheiten versehen.
Betonwand mit asbesthaltiger Hülse (Mauerstärke)
Beton mit verlorener Schalung aus Asbestzementplatten (mit Gewebemuster)
Fenster und Türen
Auch rund um Fenster und Türen findet sich häufig asbesthaltige Materialien, beispielsweise in
- Glaserkitten
- Scheibendichtmassen
- Laibungsdichtmassen
- Fensterbänken aus Asbestzement in älteren Gebäuden (Einstufung in der Regel per Augenschein möglich)
- Asbestzementplatten als Blindfenster in größeren Fensterfronten
In Altbauten können unterhalb von Holzfensterbänken Asbestpappen verbaut sein. Bei derartigen Pappen handelt es sich in der Regel um schwachgebundene Asbestprodukte, deren Sanierungsdringlichkeit mithilfe der Asbestrichtlinie zu bewerten ist.
Alte Technik- oder Brandschutztüren besitzen in der Regel im Bereich des Schlosses asbesthaltige Pappen zur Unterstützung der Feuerfestigkeit.
Fensterbank aus Asbestzement
Weiße Asbestpappe im Schlossbereich einer Techniktür
Haustechnik
Altbestände in Form von:
- Flachdichtungen (Flansche),
- Rippenheizkörpern,
- Aufzugsanlagen
- Brandschutzklappen
- Brandschotte
können asbesthaltiges Material enthalten, wie zum Beispiel Dichtungen, Bremsbeläge oder Stopfmassen. Sie werden in der Regel pauschal als asbesthaltig eingestuft. Zudem wurden in der Vergangenheit Lüftungsschächte und Abwasserrohre aus Asbestzementformteilen verbaut.
Asbesthaltige Flachdichtung in einer Flanschverbindung
rötliche, asbesthaltige Dichtung an einem Rippenheizkörper
Innenansicht einer Brandschutzklappe mit asbesthaltigem Klappenblatt (hellgrau an Bildunterseite) und grauer Anschlagdichtung (Litaflex)
Lüftungskanäle Asbestzementformteilen
Fassade
Die häufigsten Asbestanwendungen bei Fassaden sind Schindeln oder großformatige Platten aus Asbestzement. Diese dürfen gereinigt werden, solange sie intakt und beschichtet sind. Die Reinigung unbeschichteter Asbestzementplatte hingegen ist verboten.
Des Weiteren können Fassaden mit asbesthaltigen Beschichtungen oder Farbanstrichen versehen sein. Gleiches gilt für Bauteilfugen, diese können mit asbesthaltigen Fugendichtmassen gefüllt sein.
Fassadenverkleidung aus Asbestzement
Dach
Eine der wohl bekanntesten Asbestanwendungen stellen Dacheindeckungen aus Asbestzement-Wellplatten dar (umgangssprachlich auch: Eternit-Platten), die sehr häufig bei größeren Hallen oder Garagen verbaut wurden, aber auch auf Wohnhäusern zu finden sind. Alte Platten lassen sich in der Regel per Augenschein einstufen.
Auch in Dachbahnen (Bitumen- oder Teerbahnen) und alten Korkdämmungen wurde Asbest verwendet. Im Gegensatz zu den Asbestzementplatten können diese nicht per Sichtkontrolle eingestuft werden. Eine Bewertung erfolgt ausschließlich über eine Materialanalyse.
Dachwellplatten aus Asbestzement